Verdauen

„Nachgespürt“ – Gedanken zum Yogaunterricht von Susanne

Zeit zum „Verdauen“

Auf der Rückfahrt vom Seminar legt meine Bekannte eine CD ein. Ob ich etwas dagegen habe, dass wir uns ein paar Kurzgeschichten anhören. Ich nicke ab, merke jedoch bald, wie viel lieber ich jetzt meinen Gedanken nachhängen möchte. Mein Geist noch randvoll mit dem Erlebten, Erlernten, mit all den Erfahrungen, die wir an diesem Wochenende gemacht haben. Ich brauche „Zeit zum Verdauen“.

Und genau das ist es, was ich auch am Yoga besonders schätze: das Nachspüren dem eben in einem Asana erfahrenen Gefühl, das Hineinspüren in den Körper nach der Dehnung oder einer kraftvollen Bewegung. Wie anders kann ich meinen Atem jetzt wahrnehmen, wo kann ich ihm im Körper nachspüren. Tatsächlich, meine Gedanken sind genau im jetzigen Moment, eine Wohltat für den Geist.

Je öfter ich dies im Yoga übe, desto mehr erlaube ich mir diese Momente des Innehaltens auch im Alltag. „Dem Lebensaugenblick Würde verleihen.“ So benennt es immer wieder mein Lehrer und man kann diesen Satz nicht genug wertschätzen.

Aber in diesem Innehalten, dem Moment des Verdauens liegt noch etwas anderes. Nämlich die Chance einer Entwicklung. Es ist sinnbildlich für unsere schnelle Zeit, dass wir ungeduldig auf Ergebnisse warten. Wir wollen Techniken und Tricks zur Selbstoptimierung, schnell muss es gehen, besonders mit der Umsetzung von neu Erlerntem. Doch wie schon Rainer Maria Rilke in seinem Gedicht „Lebensgeduld“ sagt. „Man muss den Dingen die eigene, stille, ungestörte Entwicklung lassen, die tief von innen kommt und durch nichts gedrängt oder beschleunigt werden kann; alles ist austragen – und dann gebären…“

Und so gibt es den Moment auf den ich mich schon bei meinem nächsten Seminar oder Urlaub freue. Das Essen ist gerade abgeräumt und ich sitze noch einen Moment mit der Teetasse in der Hand, lächelnd, sinnend, verdauend!