„Nachgespürt“ – Gedanken zum Yogaunterricht von Susanne
Wieviel Tapas ist erlaubt?
Kennt ihr das Bild des Yogis, dessen rechter Arm nach oben ausgestreckt ist und dort für den Rest seines Lebens bleibt? Er schaffte es, die Schwäche seines Körpers und Geistes derart zu überwinden, dass es ihm gelang, Stunden, Tage, Wochen und nunmehr seit 38 Jahren, seine rechte Hand in der Luft zu halten, bis der Arm in diesem Zustand bis ans Ende seiner Tage verblieb.
Einige Yogawege unterstützen diese Art der Selbstüberwindung und kultivieren sie in entsprechend gemäßigter Form in ihrem Unterricht. Es geht um spezielle Körpererfahrungen, die uns das Gefühl geben, unsere eigene Willensschwäche zu überwinden. Auch wenn der Körper in einem bestimmten Asana (einer Yogahaltung) eindeutige Signale gibt „es ist genug, es schmerzt“, versucht man, seine „Grenzen zu erweitern“, „den Schmerz wegzuatmen“ „wegzulächeln“. Sie berufen sich dabei auf die Yamas und Niyamas, jene ethisch, moralischen Grundlagen für Pantajalis Yogapfad. Tapas, das Feuer entfachen, lautet eine der Niyamas, der inneren Yoga-Verpflichtungen und sie bedeutet salopp gesagt „Überwinde deinen inneren Schweinehund“, „streng dich an“ oder auch „diszipliniere dich!“ Der Auslegung dieser Regel sind keine Grenzen gesetzt. Und mal ehrlich, es tut manchmal auch gut, sich so richtig anzustrengen und seinem Körper etwas abzuverlangen, was wir sonst im Alltag eher weniger tun.
Wenn ich es schaffe, allein durch meine innere, entspannte Haltung die Kobra einen Moment länger zu halten, als mein erster Impuls es zulassen würde, kann das eine sehr befriedigende Erfahrung sein – und noch dazu den Aufbau meiner Rückenmuskeln vorantreiben. Entscheidend dabei sind zwei Dinge, die innere Einstellung und die Wahrung der Gewaltlosigkeit. Und da sind wir wieder bei dem Weisen Pantanjali, in dessen Yamas und Niyamas auch die Regeln Ahimsa (Gewaltlosigkeit) und Samtosa (Zufriedenheit) genannt werden. Wenn deine Tapas-Übung dir selbst gegenüber gewaltlos (und das heißt in jedem Fall schmerzfrei!) verläuft und zu großer Zufriedenheit führt, entfache dein Feuer und genieße die Wärme. Verbrennt es dich und du sitzt am nächsten Tag beim Orthopäden, war es definitiv zu viel der Anstrengung. Ist dein Job, deine momentane Lebensaufgabe schon anstrengend genug, dann übe dich eher im Loslassen.
Und … ist es nicht schon eine großartige Überwindung, dass du dich jede Woche zu deinem Yogaunterricht aufmachst, obwohl die Couch so einladend aussieht und draußen ein kalter Wind weht…?
Ich wünsche euch ein friedvolles Yoga-Genießen!
P.S. Meine Tapas Übung für heute: Ich nehme mich im Gespräch zurück und lass den anderen ausreden.