„Nachgespürt“ – Gedanken zum Yogaunterricht von Susanne
Maitri – Selbstmitgefühl
Eine Frau setzt genervt zurück, um einen Laster, der aus „ihrer“ Straße kommt auszuweichen und fährt gegen einen Begrenzungsstein. Das „Sch-Wort“ entfährt ihren Lippen. Sie macht ihrem Ärger laut Luft.
Eine Frau steht entspannt in der Küche, backt Kekse und singt lächelnd ihr Lieblings-Mantra mit. Es ist dieselbe Frau, derselbe Tag.
Treten wir ein wenig beiseite, können wir ähnliche Situationen oft in unserem Leben erfahren. Emotionen kommen und gehen, manche Gedanken machen uns glücklich und nur Augenblicke später kann eine Sorge, eine Furcht überwältigend werden. Unsere Aufgabe im Yoga ist es, durch achtsames Gewahrwerden dieser flüchtigen Gedanken, Gefühle und Stimmungen, eine Identifikation mit ihnen zu vermeiden. Ich hätte in dieser ersten Situation meinen Ärger in den Tag mitnehmen können, hätte mich in vielen weiteren Momenten sicherlich darin bestätigt gefühlt, dass sich die Welt heute gegen mich verschworen hat. Ich hätte den LKW Fahrer verurteilt, obwohl er nur seinen Job macht und ihm die Schuld an meinem unachtsamen Zurücksetzen gegeben. Es wäre leicht gewesen, hätte mich aber nicht glücklich gemacht.
Nachdem ich gemerkt habe, wie mich die Geschichte aufgewühlt hat, habe ich mir einen kurzen Moment Zeit genommen und mich auf meine Meditationsbank gesetzt. Nur 15 Minuten haben gereicht, um einen objektiven Blick auf das Geschehene zuzulassen. 15 Minuten haben meinen restlichen Tag in ruhigen Bahnen verlaufen lassen.
Und noch eine andere Erfahrung war wichtig. Mit der ersten Situation ging eine Selbstverurteilung einher. Wie konntest du dich so aus der Ruhe bringen lassen, gerade du, die du gerade Entspannung unterrichtet hast. Während wir uns um die Familie, Partner und Freunde liebevoll und verständnisvoll kümmern, fällt es uns schwer, Mitgefühl für uns selbst zu kultivieren.
Metta (buddhistische Tradition) oder Maitri (indische Tradition) – Meditationen helfen uns diese liebende Güte nicht nur anderen Menschen gegenüber zu kultivieren, sondern auch uns selbst. Die moderne Psychologie nennt es, das Entwickeln von „Selbstmitgefühl“. Ein entscheidender Schritt für die Fähigkeit, gesunde Beziehungen zu anderen und vor allem zu uns selbst zu entwickeln. Mit den positiven Auswirkungen auf unsere körperliche und seelische Gesundheit, hat sich die Psychologie schon einige Jahre beschäftigt. Wer es lernt, sich selbst zu vergeben und liebende Güte entgegenzubringen, kann mit einem „inneren Schalter“ den eigenen Stresspegel senken hin zu Ruhe und Gelassenheit.
Mit ein wenig Übung können wir so lernen, uns durch unschöne Situationen und Erfahrungen nicht aus der Bahn werfen zu lassen und uns wieder ganz den schönen Dingen des Lebens zu widmen.